Der Pegmatit vom Grauenstein
zwischen Glattbach und Unterafferbach
 im Spessart

von Joachim Lorenz, Karlstein a. Main
 


seit dem 09.09.2007 ist der Grauenstein bei Glattbach durch einen Kulturrundweg "Künstlerdorf Glattbach" erschlossen:

Eröffnungsveranstaltung in
          Glattbach
Auftaktveranstaltung mit dem Gesangsverein, Dr. Himmelsbach, Dr. Ermischer, Bürgermeister Fuchs
und einem Besucher aus dem fernen Neuseeland am Morgen des 09.09.2007.

Pegmatit-Erläuterungen durch
          Joachim Lorenz Tafel auf dem Grauenstein
links: Joachim LORENZ (rechts neben Dr. Gerrit HIMMELSBACH) erläutert die Natur eines Pegmatits, wo man sie findet, wozu
man sie braucht und was heute damit macht.
rechts: Die Tafel Nr. 2 des Rundweges auf dem Gipfel des 308 m* hohen Grauensteins
mit den Ausführungen zum früher hier stehenden hölzernen Aussichtsturmes
 
 
 

Felsen aus Staurolith-Gneis
Auch wenn es so ausgeschildert ist: Es handelt sich um eine freigelegte Scholle eines
Staurolith-Gneises am Grauenstein bei Glattbach. Der Grauenstein ist jedoch bekannt für
die dort auftretenden Pegmatite.

*nach der Angabe der Topographischen Karte von Bayern Blatt Alzenau (1:25.000); das Faltblatt desKulturrundweges weist 388 m aus.


 
  • Lage
  • Historisches
  • Geologie
  • Mineralien
  • Literatur

  • Lage:
    Der 308 m hohe Berg Grauenstein befindet sich zwischen den Ortschaften Glattbach, Golbach und Unterafferbach (siehe auch Okrusch et al. 2011 S. 159, Aufschluss Nr. 41). Am einfachsten folgt man der Straße von Goldbach nach Unterafferbach. Vom Schwimmbad in Goldbach windet sich die kurvige Straße durch einen hohen Mischwald und errreicht auf dem Scheitelpunkt eine breite Wegkreuzung mit einem ausgebauten Parkplatz. Hier folgt man dem markierten Weg - durch eine Schranke gesichert - zum Grauenstein. Hier auf dem höchsten Punkt findet man stark verwitterte Felsen und Blöcke aus Pegmatit, der in kleinen Schürfen abgebaut worden ist.


    Die Felsen und Blöcke sind mit Moosen überwachsen. Der Name Grauenstein ist sicher eine Folge der zahlreichen rundlichen Felsblöcke des Berges, großtenteils aus Gneis, Pegmatit und Amphibolit: graue Steine!
    Der heutige Bestand an bis zu m³-großen, gut gerundeten Blöcken ist sicher nur der kleine Rest eines des Berg umgürtenden Blockmeeres, von dem der grösste Teil der Steingewinnung zum Opfer fiel. Man erkennt das daran, dass sich an vielen Stellen die frischen und splittrigen Abschläge von einer Steingewinnung aufsammeln lassen. Weitere Pegmatit-Vorkommen um den Grauenstein wurden durch einfache Abbaue erschlossen, wie zahlreiche Abbauspuren zeigen.
     

    Historisches:
    Der Pegmatit (vom griechischen pegma für das "Festgewordene") am Grauenstein wurde nachgewiesenermaßen im 19. Jahrhundert abgebaut. Man benötigte die aus dem Pegmatit zu gewinnenden Quarze und Feldspäte bei der Herstellung des Steingutes und der Glasur in der Dämmer Pozellanmanufaktur. Steingut als Geschirr und beeindruckende, bunt bemalte Figuren aus dieser Produktion sind in dem Museum der Stadt Aschaffenburg im Schloss Johannisburg zu sehen:

    Dämmer Steingut: Geschirr Dämmer
        Steingut: Figuren
    Hier zwei Bilder aus der sehr umfangreichen Sammlung mit Geschirr und Figuren,
    aufgenommen am 14.12.2003. 

    Es handelt sich trotz des Aussehens nicht um Porezllan, sondern um Steingut, welches gut glasiert und bemalt ist. Porzellan ist innen auch weiß, wogegen Steingut innen braun und nicht transparent ist. Die Herstellung ist aber sonst weitgehend gleich, aber man verwendet andere Rohstoffe. Man stellte die Gegenstände mit heimischen Rohstoffen her und da es hier keine größeren Kaolinit-Vorkommen gibt, konnte man kein Porzellan erzeugen. Infolge der früher hohen Transportkosten (ganz im Gegensatz zu heute) hätte sich das nicht gelohnt.

    Größere Pegmatit-Vorkommen wurden im 19. Jahrhundert neben dem Grauenstein auch bei Bessenbach und bei Dörrmorsbach abgebaut. Leider ist wegen fehlender Akten und kaum mehr erkennbarer Abbaue nicht sehr viel darüber bekannt.
     

    Geologie:
    Bei einem Pegmatit innerhalb des Staurolith-Gneises mit Amphibolit handelt es sich um grob- bis riesenkörnige Gesteine mit einer sehr variablen Zusammensetzung, entstanden aus den Restschmelzen von gesteinsbildenden Prozessen. Die Kristallgröße kann bei großen Vorkommen einige Meter erreichen; in den USA (Colorado) fand man einen Feldspat mit einem Volumen von ca. 25.000 m³! Im Spessart treten Pegmatite bevorzugt in den Gneisen und Dioriten als bis zu einige Meter mächtige Gänge und Linsen auf. Die Feldspäte erreichen dabei bis zu 0,5 m Größe.

    Pegmatit-Gang
    Ca. 15 cm starker Pegmatit-Gang im Diorit (Dörrmorsbach). Man erkennt deutlich,
    dass die Quarze und Glimmer in der Mitte des Ganges angereichert sind,
    aufgenommen am 12.07.2001. 

    Pegmatit
    Mittig aufgebrochener Pegmatit-Gang im Diorit. Man erkennt den hohen Anteil an
    den weißlichen bis leicht rosafarbenen Feldspäten, dazwischen grauer Quarz und
    ganz wenig schwarzer Glimmer (Biotit); Breite des Stückes ca. 1 m (Dörrmorsbach)

    Muskovit-Pegmatit
    silbrig glänzender Muskovit-Pegmatit mit sehr spärlichem Granat und Spuren von
    Turmalin (Sailauf), Bildbreite ca. 14 cm

    Diese Restschmelzen können bis zu 10% Wasser gelöst haben, welches über komplexe Prozesse (Keinauslese) dazu führen, dass wenige Kristalle gebildet werden, die dann zu einer enormen Größe anwachsen können. Wenn durch Abkühlung keine Schmelze mehr vorliegt, kommt ein Stadium, bei dem Mineralien aus einer "wässrigen Phase" gebildet werden (Pneumatolyse). Nach weitere Abkühlung kann noch ein hydrothermales Stadium folgen.
    Dabei werden neben diesen Mineralien auch solche mit leichtflüchtigen Elementen wie Fluor und Bor gebildet, aber auch solche die sonst kaum in größeren Mengen zu finden sind: Seltene Erden, Beryllium, Uran, Thorium, .... Dies macht größere Pegmatite zu sehr wertvollen Lagerstätten für diese Elemente.
    Pegmatite können enorme Größen von einigen hundert Metern Mächigkeit bei Längen von km erreichen. Pegmatite sind in allen Gegenden mit Graniten, Gneisen und metamorphen Gesteinen verbreitet: Oberpfalz, Bayerischer Wald, Skandinavien, Ural, Namibia, USA, Brasilien, .... Die in anderen Pegmatiten verbreiteten Hohlräume mit frei auskristallisierten Mineralien fehlen im Spessart. 


    Eindrucksvolles Beispiel 
    für einen typischen Turmalin-Pegmatit:
     

    Turmalin-Pegmatit
    Polierte Platte eines Turmalin-Pegmatits mit dem Handelsnamen "Patagonia" aus Brasilien.

    Rechts unten sieht man den periodischen Beginn der Kristallisation aus der Schmelze in der Form kleiner Kristalle. Das Gestein hat hier eine granitische
    Zusammensetzung (vermutlich stammt der Pegmatit aus einem Granit). Die Keimauslese führt mit zunehmendem Wachstum zu großen Kristallen aus
    einem perthitischen, leicht gelblichen Feldspat und Quarz, dazu große schwarze Schörl-Kristalle, etwas silbriger Muskovit und schließlich grauer Quarz.
    Im Zentrum des Pegmatits bilden sich riesige Kristalle, wie man an dem Feldspat (Mikroklin) links oben erkennen kann. Der Feldspat zeigt makroskopische Entmischungslamellen (Perthit). Entlang der bräunlichen Risse wurde auch etwas Pyrit gebildet. Infolge der Schnittebene sind die Turmaline (Schörl) quer
    bzw. schräg zur Längsachse geschnitten. Vermutlich sind weitere Mineralien enthalten, so z. B. Amphibol. Die eindrucksvolle Platte hat eine Breite von
    etwa 2,5 m. 

    Solche Platten werden zur Raumgestaltung im Innern von Gebäuden eingesetzt. Der Reiz dieses Werksteins liegt in der selektiven Transluzenz des Quarzes,
    wenn man eine solche Platte von Hinten beleuchtet.  

    Gesehen bei der Manufaktur Horst Zentgraf GmbH, Im Gewerbegebiet 2, 63846 Laufach (Hain).




    Im Spessart bestehen die Pegmatite meis aus grauem Quarz und bis zu 15 cm großen Feldspatkörnern, die stellenweise auch typisch "schriftgranitsch" verwachsen sind. Weitere Bestandteile sind die Glimmerminerale Muskovit und Biotit. Diese können auch bis zu 10 cm Größe erreichen. Seltenere (akzessorische) Mineralien wie Turmalin, Apatit, Spessartin, Allanit, Titanit und weitere Mineralien kommen nur in den größeren Pegmatiten vor.

    Infolge der schlechten Aufschlussverhältnisse sind Funde kaum mehr möglich. 

    Schriftgranit
    Pegmatit in schriftgranitischer Verwachsung von Quarz (dunkelgrau) mit Mikroklin
    (Kalifeldspat) aus einem Pegmatit von Arendal, Norwegen,
    Bildbreite 13 cm

    Als Besonderheit kann der Quarz und der Feldspat als orientierte Verwachsung vorkomen. Dabei sind die Quarze als Relikte in der Form einer nur teilweise ausgebildeten Form und d. h. in der Regel ohne Kern in einer Matrix aus Kalifeldspat als Mikroklin bzw. Mikrolinperthit eingewachsen. Weitere Mineralien fehlen in diesen Partien. Werden solche Bereiche senkrecht zur c-Achse des Pegmatits geschnitten, entsteht ein Bild welches entfernt an alte Schriften erinnern, so dass man solche Gesteine als "Schriftgranit" bezeichnet. Sie sind auch aus Glattbach bekannt (siehe OKRUSCH & MATTHES 2013:338 Abb. 22.3):, jedoch liegt mir kein geschliffenes und poliertes Stück vor. Die Genese dieser Strukturvariante in den Feldspatpegmatiten ist nicht hinreichend geklärt. 

     

    Mineralien:
    Aus der Betriebszeit des Abbaues am Graustein werden in der älteren Literatur erwähnt:
    Quarz, Kalifeldspat, Muskovit, Biotit, Turmalin, Spessartin, Ilmenit, Rutil und Magnetit.
    Diese Mineralien können heute nicht mehr gefunden werden, weil nur verwitterte Partien zugänglich sind. Allenfalls finden sich Stufen in alten Sammlungen. Infolge fehlender Hohlräume gibt es keine idiomorphen Kristalle, so dass kaum sammelwürdige Mineralien gab und die "gewöhnlichen" Stücke wurden kaum aufgehoben. 

    Dass es keine Drusen mit frei kristallisierten Mineralien gibt, kann man so erklären: 
    Nicht alle Pegmatite sind Neubildungen, die in der Spätphase der Metamorphose entstanden sind. Insbesondere die Pegmatite der einst magmatischen Gesteine wie Granite und Diorite entstanden in der Spätphase der Gesteinskristallisation. Mit der metamorphen Überprägung wurden diese Gesteine in den Prozess einbezogen und mechanisch verändert, was man an den verbogenen Mineralien wie dem Turmalin und den Glimmern gut sehen kann. Die Glimmer wurden wellig, die Granat-Kristalle deformiert und die Turmaline zerbrachen und wurden von neu gebildetem Quarz verheilt (siehe Abb. unten). Dabei kam es auch zum Schließen eventuell verhandener Hohlräume, die es sicher gab, wie aus historischen Berichten und auch aus ganz wenigen Eigenfunden bekannt ist.

    Turmalin im Quarz  
    Schwarzer Turmalin (Schörl), extrem zerbrochen im grauen Quarz, darüber
    Muskovit in kleinen Blättchen, gefunden in der 1930er Jahren im Steinbruch
    im Wendelberg bei Haibach, ehemalige Sammlung GOTTLIEB,
    aufgenommen in der Universität Frankfurt am 24.06.1997 (heute
    im Naturwissenschaftlichen Museum der Stadt Aschaffenburg),
    Bildbreite ca. 15 cm


    In den Pegmatit-führenden Gesteinen im Spessart kann man grundsätzlich 2 verschiedene Arten von Pegmatiten unterscheiden:


    Wie in der Natur üblich, gibt es auch zahlreiche Übergangsformen, die Eigenschaften von beiden Arten zeigen. 


    Literatur:

    Autorenkollektiv (2012): Granitic Pegmatites.- Elements. An international Magazine of Mineralogy, Geochemistry, and Petrology Vol. 8, Number 4, August 2012, p. 241 - 320,
    LONDON, D. (2008): Pegmatites.- The Canadian Mineralogist Special Publication 10, 345 p., many figs., Mineralogical Assiciation of Canda, Ottwa, Canada. 
    LORENZ, J. mit Beiträgen von M. OKRUSCH, G. GEYER, J. JUNG, G. HIMMELSBACH & C. DIETL (2010): Spessartsteine. Spessartin, Spessartit und Buntsandstein – eine umfassende Geologie und Mineralogie des Spessarts. Geographische, geologische, petrographische, mineralogische und bergbaukundliche Einsichten in ein deutsches Mittelgebirge.- s. S. 663ff.  
    LORENZ, J. (2020): Pegmatite – Quell für seltene Mineralien.- NOBLE Magazin Aschaffenburg, Ausgabe Herbst/Winter 2020, S. 58 - 60, 10 Abb., [Media-Line@Service] Aschaffenburg. 
    MATTHES, S. & OKRUSCH, M. (1965): Spessart.- Sammlung Geologischer Führer, Band 44, 220 S., 14 Abb., 3 gefaltete Beilagen, 1 großformatige mehrfarb. geolog. Karte, [Gebrüder Borntraeger] Berlin. 
    MEIER, S. (2021): Schriftgranit. Lapis Info Gesteine und ihre Mineralin 11.- Lapis Das aktuelle Monatsmagazin für Liebhaber & Sammler von Mineralien & Edelsteinen, Jahrgang 46, Nr. 1 Jan. 2021,  S. 42 - 45, 10 Abb., [C. Weise Verlag GmbH] München.
    OKRUSCH, M., STREIT, R. & WEINELT, Wi. (1967): Erläuterungen zur Geologischen Karte v. Bayern. Blatt 5920 Alzenau i. Ufr.- 336 S. München 1967.
    OKRUSCH, M., GEYER, G. & LORENZ, J. (2011): Spessart. Geologische Entwicklung und Struktur, Gesteine und Minerale.- 2. Aufl., Sammlung Geologischer Führer Band 106, VIII, 368 Seiten, 103 größtenteils farbige Abbildungen, 2 farbige geologische Karten (43 x 30 cm) [Gebrüder Borntraeger] Stuttgart.
    OKRUSCH, M. & MATTHES, S. (2013): Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde.- 9. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, 728 S., 476 Abb., davon 182 in Farbe), zahlreiche Tab. und Formeln, [SpringerSpektrum Verlag] Berlin.
    PFEIFER, E. (1996): 1746 wurde in Höchst am Main die Pozellanmanufaktur gegründet. Ab 1840, als sie es nicht mehr gab, kamen die Hächster Figuren als Dämmer Steingut auf den Markt.- Spessart Heft 3 1996, S. 3 - 6,  6 Abb., [Druck und Verlag Main-Echo Kirsch GmbH & Co.] Aschaffenburg.
    SCHNEIDERHÖHN, H. (1961): Die Pegmatite.- Die Erzlagerstätten der Erde Band II, 720 S., 264 Abb. im Text und auf 16 Falttafeln, [Gustav Fischer Verlag] Stuttgart.
    STENGER, E. (1948): Die Steingutfabrik Damm bei Aschaffenburg 1827 - 1884.- 208 S., unveränderter Nachdruck 1990 als Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V., 117 Abb., davon 24 Seiten als Anhang, [Verlagsdruckerei Schmidt GmbH] Neustadt a. d. Aisch
     
     

    herbstliche Stimmung am
          Grauenstein
    Der Rotbuchenwald am Grauenstein im Herbst


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